Die Nationalvögel: Kiwis

Den Nationalsymbolen Neuseelands fehlt wie allen Laufvögeln der Brustbeinkamm, an dem normalerweise die Flugmuskulatur ansetzt. So haben die Kiwis zwar noch kleine, 4–5 cm lange Flügel, können aber nicht fliegen. Sie besitzen keinen Schwanz, mit ihren kräftigen Beinen können sie jedoch gut laufen. Kiwis tragen ein braunes Gefieder, das fast wie eine Behaarung wirkt. Sie sind nachtaktiv und können nicht besonders gut sehen, dafür aber um so besser hören und – eine Besonderheit unter Vögeln – riechen. Die Nasenöffnungen liegen an der Spitze des langen, geraden Schnabels, mit dem sie im Boden nach Würmern und Pflanzenteilen suchen. Kiwis besetzen so die Nische, die in Europa den Igeln vorbehalten ist; allerdings leben Kiwis länger und pflanzen sich langsamer fort.

Früher wurden Kiwis gejagt, seit Beginn des 20. Jahrhunderts sind sie geschützt. Im Jahr 2000 wurden vom DOC fünf Schutzgebiete eingerichtet, daneben gibt es zahlreiche lokale Initiativen zum Schutz der Kiwis. Die größte Gefahr für Kiwis geht von Hermelinen aus, auf deren Bekämpfung sich daher viele Schutzmaßnahmen konzentrieren. Besonders gefährdet sind kleine Kiwis – also die Jungtiere der größeren Arten sowie alle Vögel der kleineren Arten. Eine weitere starke Bedrohung geht von Menschen aus - durch sorglose Haltung von Hunden, ausgesetzte Katzen und nicht zuletzt den Autoverkehr. Derzeit gibt es insgesamt etwa 75.000 Kiwis. Bis vor einigen Jahren wurden Kiwis in drei Arten eingeteilt: den Great Spotted, den Little Spotted und den Brown Kiwi. DNA-Analysen haben jedoch neue Erkenntnisse hervorgebracht, so dass nun sechs Arten mit insgesamt 11 Unterarten unterschieden werden. Aufgrund ihrer nachtaktiven Lebensweise sind Kiwis nicht leicht in freier Wildbahn zu beobachten.

North Island Brown Kiwi; Foto: Wikimedia Commons
North Island Brown Kiwi
Nördlicher Streifenkiwi
Apteryx mantelli
Foto: Wikimedia Commons

Im Zentrum sowie im Norden der Nordinsel leben etwa 25.000 North Island Brown Kiwis, von denen es vier Unterarten gibt. Diese Art ist gewissermaßen der »Prototyp-Kiwi«, da sie auch am häufigsten in Gefangenschaft zu sehen ist und als einzige auch in Zoos in Übersee gehalten wird. Bis vor einigen Jahren wurde sie noch – gemeinsam mit anderen Arten – als Apteryx australis bezeichnet. Die Weibchen sind bis zu 40 cm hoch und wiegen bis über 2,5 kg; die für das Ausbrüten der Eier zuständigen Männchen sind etwas kleiner. Die Weibchen legen bis zu zweimal im Jahr bis zu zwei Eier. Trotz dieser für Kiwis hohen Geburtenrate schrumpft die Population, da es in den Wäldern der Nordinsel viele Hermeline gibt, die die meisten jungen Kiwis in ihren ersten Lebensmonaten töten. In ungeschützten Gebieten halbiert sich daher die Zahl der North Island Brown Kiwis alle 15 Jahre. Sie werden bis gut 30 Jahre alt.

North Island Brown Kiwis leben ausschließlich auf der Nordinsel: Größere Vorkommen gibt es im Northland, auf der Coromandel Peninsula, in den Wäldern im Hinterland der Ostküste, im Westen in der Region um den Whanganui River sowie um den Mount Taranaki. In den Schutzgebieten im Northland bei Whangarei sowie auf der Coromandel Peninsula werden Wieselfallen aufgestellt, im Tongariro Forest Gift ausgebracht. Auf diese Weise werden die Überlebenschancen von Jungvögeln erhöht, die sich in den ersten sechs Lebensmonaten noch nicht gegen Hermeline zur Wehr setzen können. Im Northland stellen Hunde eine der größten Bedrohungen für die Vögel dar. Zu sehen sind North Island Brown Kiwis außer in Zoos auch im Pukaha/Mount Bruce Wildlife Center sowie im Rimutaka Forest Park.

Little Spotted Kiwi; Foto: Wikimedia Commons
Little Spotted Kiwi
Kleiner Fleckenkiwi oder Zwergkiwi
Kiwi pukupuku
Apteryx owenii
Foto: Wikimedia Commons

Little Spotted Kiwis waren einmal die am weitesten verbreitete Kiwi-Art. Als die kleinsten aller Kiwis sind sie jedoch auch als erwachsene Vögel noch eine Beute für Hermeline, so dass sie mittlerweile stark gefährdet sind: Insgesamt gibt es derzeit nur noch etwa 1500 Vögel dieser Art. Sie erreichen eine Höhe von nur maximal 25 cm bei einem Gewicht von knapp über einem Kilogramm. Die Weibchen legen jährlich jeweils nur ein Ei, das vom Männchen ausgebrütet wird.

In freier Wildbahn sind Little Spotted Kiwis nur noch auf einigen Inseln anzutreffen: Gut 1300 leben auf Kapiti Island, jeweils gut 50 auf vier weiteren raubtierfreien Inseln (Hen Island, Red Mercury Island und Tiritiri Matangi in der Umgebung des Hauraki Gulf sowie Long Island im Queen Charlotte Sound). Eine Gelegenheit, sie zu sehen, besteht im Karori Wildlife Sanctuary. In diesen Schutzgebieten erhält sich die Art recht gut, so dass sie trotz der geringen Anzahl von Tieren nicht als akut gefährdet gilt. Ihr früheres Verbreitungsgebiet, das bis hinunter ins Fiordland reichte, werden die kleinsten Kiwis aber wohl nicht wieder besiedeln können.

 

 

Great Spotted Kiwi; Foto: Wikimedia Commons
Great Spotted Kiwi
Großer Fleckenkiwi
Roroa
Apteryx haastii
Foto: Wikimedia Commons

Great Spotted Kiwis, die größten aller Kiwis, leben nur im Norden der Südinsel in drei von einander getrennten Siedlungsgebieten. Sie bevorzugen größere Höhen, sind aber mitunter auch im Flachland anzutreffen. Insgesamt gibt es etwa 17.000 Vögel dieser Art, die in ihren abgelegenen Lebensräumen nur von Hermelinen bedroht sind. Weibliche Great Spotted Kiwis sind etwa so groß wie ein Truthahn: bis zu 45 cm hoch und bis über 3 kg schwer, männliche bis knapp 2,5 kg. Bei dieser Art teilen sich die beiden Partner die Brutarbeit; das Weibchen legt nur ein Ei pro Jahr.

Im Nordwesten der Südinsel leben Great Spotted Kiwis im Kahurangi National Park beispielsweise in den Gouland Downs, durch die der Heaphy Track führt, in den Gunner Downs sowie in den Hügeln nordöstlich von Westport. An der Westküste gibt es eine Population im Paparoa-Nationalpark und der Umgebung um Charleston. Das dritte Gebiet schließlich befindet sich zwischen Arthur's Pass und Lake Sumner, wo sie auf der Ostseite des Arthur's Pass sowie in der Nähe des Taramakau River leben. Um das Siedlungsgebiet auszuweiten, hat das DOC Great Spotted Kiwis auch am Lake Rotoiti im Nelson-Lakes-Nationalpark ausgesetzt.

Okarito Brown Kiwi
Rowi
Apteryx rowi

Eine weitere recht kleine Kiwi-Art ist der Rowi, auch Okarito Brown Kiwi genannt. Diese Art wurde erst 1994 als eigenständig erkannt, bis dahin wurde sie noch mit dem North Island Brown Kiwi zur selben Art gezählt. Sie gilt als stark bedroht, da es nur 250 Rowis gibt, die alle bei Okarito leben. Rowis haben im Gegensatz zu anderen Kiwis ein eher graues Gefieder und oft einige weiße Federn im Gesicht. Sie sollen sich weicher anfühlen als andere Brown Kiwis, wenn man denn in die glückliche Lage kommt, einen berühren zu dürfen. Rowis werden bis zu 100 Jahre alt. Die Weibchen legen pro Jahr bis zu drei Eier in verschiedene Nester, die von beiden Partnern ausgebrütet werden. Erwachsene Rowis wiegen bis zu ... und haben gute Überlebenschancen.

Das etwa 10.000 ha große Schutzgebiet des DOC bei Okarito ist zwar durch Fallen gut geschützt, jedoch gibt es in den umliegenden Podocarpaceen-Wäldern regelmäßig Hermelin-Plagen. Diese haben dazu geführt, dass in den letzten Jahren nur sehr wenige Küken in freier Wildbahn überlebt haben. Im Rahmen der »Operation Nest Egg« werden daher die Eier aus den Nestern entnommen und die Jungvögel auf der raubtierfreien Motuara Island in den Marlborough Sounds groß gezogen, bis sie ein Gewicht von einem Kilogramm erreicht haben; dann werden sie nach Okarito gebracht. Possums beschädigten auch häufig Rowi-Eier und störten die Vögel beim Brüten; nach einem radikalen Vorgehen gegen Possums vor gut 10 Jahren hat sich dieses Problem jedoch weitgehend erledigt. Weitere Bedrohungen gehen vom Autoverkehr auf der Straße nach Okarito aus sowie der Tatsache, dass junge Rowis über viele Jahre zum selben Nest zurückkehren.

Haast Tokoeka
Apteryx n. sp.

Ebenfalls sehr selten ist der Haast Tokoeka, von dem es noch etwa 300 Exemplare gibt. Auch er wurde erst kürzlich als eigene Art erkannt, die sich von anderen Tokoekas unterscheidet – noch hat sie nicht einmal einen eigenen lateinischen Namen. Sie besitzen ein leicht rötliches Gefieder und werden bis zu 50 Jahre alt. Die Weibchen wiegen etwa 3 kg, die Männchen gut 2 kg. Die Population der sehr scheuen Vögel scheint sich etwas besser zu erholen als die der Rowis. In den Wäldern um Haast explodiert jedoch ebenso wie bei Okarito in manchen Jahren die Hermelin-Bevölkerung, wenn die dortigen Südbuchen und Rimus ungewöhnlich viele Samen hervorbringen.

Haast Tokoekas leben im kalten, feuchten Gebirge im Hinterland von Haast in einem etwa 15.000 ha großen Gebiet, von dem zwei Drittel als Schutzgebiet mit Wieselfallen geschützt werden. Im Winter wandern sie auch in die niedriger gelegenen Wälder. Das DOC überwacht einen Teil der Vögel mit Funktransmittern und ihre Nester mit Inrarotkameras, um festzustellen, ob die derzeitigen Schutzmaßnahmen ausreichen. Acht Paare wurden für die »Operation Nest Egg« ausgewählt. Dabei werden Eier künstlich ausgebrütet und die Jungen so weit groß gezogen, dass sie keine Beute mehr für Hermeline darstellen. Geplant ist die Einrichtung einer zweiten Population auf einer raubtierfreien Insel.

Southern Tokoeka; Foto: Wikimedia Commons
Southern Tokoeka
Apteryx australis
Foto: Wikimedia Commons

Southern Tokoekas sind mit insgesamt etwa 34.500 Exemplaren in drei Unterarten vergleichsweise weit verbreitet. Mit knapp 40 cm sind sie fast so groß wie Great Spotted Kiwis, ähneln vom Gefieder her jedoch eher dem North Island Brown Kiwi, mit dem sie früher zu einer Art gezählt wurden. Da sie in sehr entlegenen Gebieten leben, sind sie außer Hermelinen praktisch keinen Gefahren ausgesetzt.

Im Fiordland gibt es zwei Unterarten, den Northern Fiordland Tokoeka mit etwa 10.000 Vögeln und den Southern Fiordland Tokoeka mit etwa 4500 Exemplaren. Die Trennlinie zwischen den beiden Arten verläuft etwa auf Höhe des Doubtful Sound bzw. des South Fiord des Lake Te Anau. Beide Arten sind recht stabil, wobei die Zahlen leicht rückläufig sind. Als Schutzmaßnahmen werden im Fiordland ebenfalls Fallen aufgestellt, die zum Schutz anderer Vögel außer gegen Hermeline auch gegen Ratten und Possums verwendet werden. Außerdem bemüht man sich, einige Inseln im Fiordland und ein großes Gebiet in den Murchison Mountains von Hermelinen zu befreien.

Die dritte Unterart ist der Stewart Island Tokoeka, der nur auf der südlichsten der drei Hauptinseln vorkommt. Mit etwa 20.000 Vögeln ist die Population recht stabil. Als einzige Kiwi-Art sind die Stewart Island Tokoekas auch tagsüber aktiv; an der Mason Bay und auf dem Abschnitt des North-West Circuit zwischen dieser Bucht und dem Freshwater Landing sind sie mitunter anzutreffen. Auf Stewart Island stellen Katzen die einzige Bedrohung dar.